Die weltweit zunehmenden Fortschritte bei der (Re-) Legalisierung
von Cannabis als Medizin und Genussmittel eröffnen bekanntlich riesige neue
Geschäftsfelder und weit klaffende Marktlücken. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der neue "Green Rush" natürlich auch der Getränkeindustrie die Dollarzeichen in die Augen treibt, welche diesen neuen Markt nur zu gerne mit trendigen, zum Zeitgeist
passenden neuen Produkten überfluten möchte.
Bei dem längst gestarteten großen Run auf das dicke Geld wird das plumpe
Rauchen von Haschisch oder Gras im klassischen Joint dabei aber dennoch weitestgehend
in der dunklen Nische zurück gelassen, in welche einst die gesamte Hanfpflanze
und deren Nutzung durch Prohibition und Desinformation gedrängt worden war. Der
Zeitgeist flüstert es leise: Wenn schon Inhalieren, dann doch bitte nur im
Vaporizer verdampfte, oder zu Extrakt bzw. Destillat veredelte Kräuter in einem
Vape-Pen.
Von allem was das alte Bild des „Klischee-Kiffers“ beflügelt, distanziert sich die „New Green Economy“ vornehmlich und lediglich die sterbende Branche der Tabak- und Zubehörproduzenten versucht noch, ihre qualmende Kundschaft, durch die Eroberung der Hanfpflanze als Tabakersatz, irgendwie bei der Stange zu halten.
So ist nicht erst seit der Cannabis-Kochshow von Netflix die Verwendung von Cannabis als (bzw. in) Nahrungsmittel(n) einem (vorsicht Wortspiel) breiten Publikum und den dieses beliefernden Industriezweigen bekannt. In Amerika sind, mit Cannabinoiden und (natürlichen) Terpenen versetze Speisen und Getränke auch ohne Netflix-Show schon lange ein großes Thema.
De facto gibt es neben dem klassischen „Space-Cake“ kaum noch ein Lebensmittel, welches nicht in einer Version mit entsprechend hohen Dosierungen diverser, mehr oder weniger psychoaktiver Bestandteile der Cannabispflanze zu finden ist. So genannte „Edibles“ sind en vogue, versprechen sie doch einen zeitgemäß gesellschaftsfähigen und gleichzeitig schadstoffarmen Hanf-Genuss.
Kein Wunder das sich auch die Getränkeindustrie und große Brauereien wie der Nordamerikanische Konzern Papst Blue Ribbon, die belgische Unternehmensgruppe Anheuser-Bush InBev oder Molson Coors - ebenfalls eine der größten Brauereigruppen der Welt – plötzlich wieder an die botanische Verwandtschaft von Hanf und Hopfen erinnern und den Markt mit einer neuen Gattung von Erfrischungsgetränken aufmischen wollen.
Auch hierzulande stehen Brauereien angesichts des sinkenden
Bierkonsums unter enormen Druck, neue Getränke auf den Markt zu bringen. Nicht
zuletzt wohl auch im Hinblick darauf hat die Beteiligungsfirma des Krombacher-Chefs,
dem Miteigentümer von Deutschlands größter Brauerei, sich schon 2019 ihr
Stückchen vom Kuchen gesichert und ihre Anteile an dem Berliner Cannabis
Startup Demecan, seines Zeichens Produzent von Medizinalhanfblüten dann in 2020
nochmals von 10,9 auf 15,9 Prozent erhöht.
Dabei ist Cannabis- oder Hanfbier, aus Sicht einer Brauerei schon angesichts der botanischen Verwandschaft des Hanfs mit dem Hopfen eine vergleichsweise unspektakuläre Idee, welche es in THC-freier Variante ja auch längst bis in die Regale deutscher Getränkemärkte geschafft hat. Schließlich legt auch die sehr gute Alkohollöslichkeit von THC die Verwendung in alkoholischen Getränken nahe.
Da der psychotrope Wirkstoff der Hanfpflanze jedoch hydrophob, also nicht wasserlöslich ist und von alleine daher keine stabile Verbindung mit alkoholfreien Getränken bildet, steht man bei der Entwicklung von Erfrischungsgetränken vor wesentlich größeren Herausforderungen. Zwar spielt den Getränkeherstellern hierbei die ebenfalls sehr gute Fettlöslichkeit der THC Moleküle in die Hände, aber auch diese Eigenschaft lässt den Produktentwicklern noch keine uneingeschränkte Handlungsfreiheit bei der Kreation wasserbasierter Softdrinks.
Gleiches gilt im Übrigen auch für Produkte die „nur“ natürliches CBD Extrakt der Hanfpflanze enthalten. Diese verzeichneten in den US Amerikanischen Drogerie- und Supermärkten im Jahr 2020 Absatzsteigerungen von 25% was natürlich auch für die Getränke-Giganten ein lukratives Geschäftsfeld erwarten lässt.
Das Business mit dem Hanf und seinen Bestandteilen entwickelt
sich ohnehin rasant zu einem riesengroßen, globalisierten Markt an welchem
Deutschland mittlerweile eigentlich auch gerne irgendwie partizipieren möchte. Selbst wenn der Zielkonflikt mit der, bekanntlich immer noch sehr restriktiven
Cannabispolitik die Ausschöpfung des Marktpotenzials in Deutschland bislang nur sehr eingeschränkt zulässt.
Dass das deutsche Ingenieurwesen und Know How bei allem was mit dem bösen
Haschgift in Zusammenhang steht, im internationalen Vergleich leider um
Jahrzehnte hinterher hinkt weil Deutschland sich Cannabispolitisch dermaßen selbst im Wege steht verwundert da wenig. Aber
gleichzeitig scheinen die
Verantwortlichen unseres Landes –vielleicht auch gerade wegen den kostspieligen Auswirkungen der Corona
Pandemie- den unüberhörbaren Ruf der großen Cannabis Kohle nicht mehr gänzlich
ignorieren zu wollen.
Denn während man sich vor deutschen Gerichten in, an einen
Kindergartenstreit erinnernden Prozessen um das Rausch- und
Missbrauchspotenzial von nahezu THC freiem Nutzhanf zankt, erhält gleichzeitig und von der Öffentlichkeit realtiv unbemerkt, die Becanex GmbH
(ein deutscher Cannabidiol (CBD) Ölhersteller für die Kosmetik-,
Lebensmittel- und Getränke- sowie Nahrungsergänzungsmittelindustrie) einen
Zuschuss zur Entwicklung einer wasserlöslichen, THC freien Cannabinois-Emulsion
in Höhe von immerhin € 227.000,- im Rahmen des so genannten Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundeswirtschaftsministerium.
Aha, da geht also doch was mit
diesem CBD in Deutschland…
Kenner der Erfrischungsgetränke Branche wissen: Das Geheimnis zum Erfolg in der Hanf-Getränke-Industrie liegt in der Kunst, die Cannabinoide an wasserlösliche Moleküle binden zu können, damit diese stabil mit wasserbasierten Getränken vermischt werden können. Die Herausforderung hierbei besteht in der Findung des richtigen Emulgators für den jeweiligen Einsatzzweck, unter Berücksichtigung von Fragen nach der gewünschten Konsistenz und dem Aroma.
Denn es gibt eine Vielzahl verschiedener Substanzen um Cannabinoide
darin zu verkapseln und ihnen so die Fähigkeit zu verleihen, sich an Wassermoleküle zu binden.
Und alle haben unterschiedliche Eigenschaften, welche
wiederum zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Zum Beispiel kann eine Cannabis
Emulsion mit einer eher milchigen Konsistenz prima für ein Getränk verwendet
werden, welches ohnehin milchig-trüb ist. Für ein klares, wässeriges Getränk
ist sie hingegen völlig ungeeignet.
Hinzu kommt, dass die Qualität eines Cannabis Produkts signifikant von seiner Verpackung abhängig ist bzw. beeinflusst wird. So kann sich eine Cannabinoid Emulsion eventuell an einer Plastikverpackung oder der Polymerbeschichtung einer klassichen Aluminiumdose anhaften, was dann zu einem reduzierten Wirkstoffgehalt im Endprodukt führen kann. Oder aber die Verpackung muss lichtundurchlässig gestaltet sein, um die empfindlichen Cannabinoide vor Sonneneinstrahlung zu schützen.
Letztlich macht es also einen großen Unterschied ob man ein THC haltiges Getränk in eine Alu-Dose oder eine Glasflasche abfüllt. Und es ist sicher nicht einfach einen wohlschmeckenden und dauerhaft homogenen Cannabis Drink herzustellen. Doch man kann sicher sein, dass die involvierten internationalen Großkonzerne noch einige interessante Produktideen in der Schublade liegen haben, welche sie –über kurz oder lang- auch gerne in Deutschland verkaufen möchten.
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